Auf Einladung des Kreises Nordfriesland fand am 11. und 12. November 2024 im Kampener Kaamp-Hüs ein Workshop mit dem Titel „Zukunft Sylt“ statt. Eingeladen waren alle rund 80 Mitglieder der fünf Sylter Gemeindevertretungen. Mehr als 40 nahmen teil, um einen Vorschlag für die zukünftige Verwaltungsstruktur der Insel zu erarbeiten. Mehrere Mitarbeitende der Inselverwaltung begleiteten die Veranstaltung. Im Mittelpunkt standen die Fragen, welches Verwaltungsmodell sich am besten für Sylt eignet und ob ein inselweites Gremium sinnvoll wäre.
Landrat Florian Lorenzen wies in seiner Begrüßung auf die Vorgeschichte hin: Bereits vor zwei Jahren fand auf Sylt ein moderierter Prozess über die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit statt. Zu abgestimmten Schritten sei es damals noch nicht gekommen. Anfang des Jahres 2024 habe der Kreis eine Umfrage zum Stand und zu den Wünschen hinsichtlich der insularen Körperschafts- und Verwaltungsstruktur gestartet. Die Kernpunkte der Ergebnisse wurden nun als Grundlage für den gemeinsamen Prozess genutzt.
Lorenzen betonte, dass die Entscheidung der Sylter Gemeindevertretungen ausschlaggebend sein werde. Er könne sich nicht vorstellen, dass Land und Kreis eine Lösung vorziehen würden, die die Verantwortlichen vor Ort nicht wollten.
Tobias Berger, der Leiter der Kommunalaufsicht des Landes, erläuterte seine Anwesenheit: Ebenso wie die Kommunalaufsicht des Kreises nehme er als rechtlicher Berater teil. Er zeigte sich beeindruckt von der Menge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Es sei keineswegs selbstverständlich, dass über die Hälfte aller Gemeindevertreter der Insel sich an zwei Werktagen Zeit für einen Workshop nehme. Nun komme es darauf an, einen Konsens zu finden.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen ermöglichen drei Arten der Verwaltungsstruktur: den Status quo, das Amtsmodell sowie die Fusion aller fünf Kommunen zu einer einzigen Gemeinde.
Moderator Peter Schottes vom Büro Eisenschmidt Consulting Crew hatte Fragen vorbereitet, mit denen sich die Teilnehmer in Gruppenarbeit auseinandersetzten. Die erste Runde galt der möglichen Gründung eines inselweiten Gremiums: Wie könnte es zustande kommen, wie könnte es zusammengesetzt sein, welche Kompetenzen sollte es haben, und um welche Themenbereiche sollte es sich kümmern?
Die von den Arbeitsgruppen formulierten Antworten wiesen eine große Bandbreite auf: Bei der Frage der Zusammensetzung reichte sie von der Direktwahl bis zur Entsendung durch die Gemeindevertretungen. Die möglichen Kompetenzen des neuen Gremiums gingen von der Möglichkeit, den Gemeinden Vorschläge zu unterbreiten, bis hin zur eigenständigen Auswahl der Verwaltungsleitung. Bei der Frage, welche Themen inselweit abgestimmt bearbeitet werden sollten, offenbarte sich bei verschiedensten Themenbereichen eine große Sehnsucht nach inselweiter Kooperation.
In einer zweiten Runde waren die Vor- und Nachteile der derzeitigen Verwaltungsstruktur zu diskutieren sowie die eines neuen Amtes, dem alle Gemeinden angehören. Hinzu kam die Frage, ob es sinnvoll wäre, wenn das Amt Landschaft Sylt sich eine Stadt oder Gemeinde als neuen Partner suchen würde, der die Amtsgeschäfte führt.
Obwohl die Teilnehmer sich in neun Arbeitsgruppen unabhängig voneinander mit diesen Fragen befassten, war das Meinungsbild am Ende eindeutig: Trotz einiger Detailfragen sprachen sich dreiviertel der Anwesenden für das Amtsmodell aus.
Der Ist-Zustand fand überhaupt keine Befürworter. Auch das Zusammengehen mit einem neuen Partner wurde mit sehr wenig Hoffnung betrachtet. Jeweils einige Teilnehmer favorisierten eine Fusion aller Gemeinden beziehungsweise konnten sich angesichts offener Fragen noch nicht für eine Möglichkeit entscheiden.
Die nachfolgende Diskussion zeigte, dass sich auf Sylt etwas ändern muss: In den letzten Jahren ging viel Vertrauen verloren, das neu aufgebaut werden muss. Ein inselweites Gremium mit Beschlusskompetenz, das von allen Insulanern direkt gewählt wird, wäre nur mit einer Einheitsgemeinde möglich, in der alle fünf jetzigen Gemeinden aufgehen.
Beim Amtsmodell hingegen würden die Gemeinden in ihren jetzigen Grenzen erhalten bleiben und dem neuen Amt jeweils bis zu fünf verschiedene Aufgabenbereiche zuordnen — idealerweise die gleichen. Ihre anderen Aufgaben würden sie weiterhin in eigener Verantwortung wahrnehmen.
Die Amtsverwaltung würde von einem Amtsdirektor geleitet werden. Denen, die dieser neuen Funktion aus finanziellen Gründen skeptisch gegenüberstanden, wurde entgegengehalten, dass eine Amtsleitung im Unterschied zu einem hauptamtlichen Bürgermeister zwingend eine entsprechende fachliche Qualifikation aufweisen muss. Zudem würde der Bürgermeister der Gemeinde Sylt mehr Zeit für die Weiterentwicklung seiner eigenen Gemeinde gewinnen.
Breiten Raum nahm in der Diskussion die Möglichkeit ein, dass ein Amt ein zusätzliches beratendes Gremium einrichten kann, in dem alle Orte vertreten sind, um die Abstimmung der Gemeinden zu erleichtern. Land und Kreis versicherten, als Berater parat zu stehen, um die Insel bei der Erarbeitung einer maßgeschneiderten und rechtssicheren Lösung zu unterstützen. Offen blieb noch, in welcher Form – delegiertes Gremium oder Bürgerrat – ein inselweites Gremium eingerichtet werden soll.
Alle Gemeindevertretungen werden noch in diesem Jahr über die Frage des gemeinsamen Amtes beraten und entscheiden.
In seinem Schlusswort dankte Landrat Florian Lorenzen allen Beteiligten für die offenen und konstruktiven Diskussionen. „Sie haben gestern und heute viel gemeinsam erreicht“, lobte er die Teilnehmenden. Noch sei jedoch keine endgültige Entscheidung gefallen: „Das Ganze ist ein Prozess, der längst nicht beendet ist. Wir machen uns jetzt gemeinsam auf den Weg. Dabei kommt es vor allem auf den Willen der Sylter an“, bekräftigte er noch einmal.
Als amtierender Bürgermeister der größten Inselgemeinde fasste Carsten Kerkamm die Meinung der fünf Gemeindeoberhäupter zusammen: „Wir sind ein gutes Stück vorangekommen. Nun gilt es, mit allen Engagierten für unsere Insel passende Ideen zu entwickeln, Detailprobleme zu lösen und uns in allen Gemeindevertretungen und den Ortsbeiräten auf eine gemeinsame Struktur zu einigen. Dafür werden sich alle engagiert einsetzen.“
Tobias Berger steuerte eine Zeitangabe bei: „Meistens dauert es rund ein Jahr, ein neues Amt zu gründen. Falls die Insel den 1. Januar 2026 ins Auge fasst, sehe ich keinen Grund, warum ihr das nicht gelingen sollte.“